Alles ist politisch, auch die Idylle
Bücher: Die Rettung & Yoga; neue Online-Kurse | Paid: Kolumne über träge Tage, politische Sommerfrische und Kekse.
Weil Sommer ist und ich euch maximale Freizeit wünsche, um durch die Hitzewellen zu schwimmen, stecke ich gleich zwei Bücher in die Freibadtasche: Einen packenden Roman, der abkühlt, und ein interessantes Sachbuch, das entschleunigt.
Die Rettung von Charlotte McConaghy
übersetzt von Jan Schönherr
Dominic Salt lebt mit seinen drei Kindern auf einer verlassenen Insel zwischen Australien und Antarktis. Weil das kleine Stück Land langsam vom steigenden Wasser verschlungen wird, ist das Forschungsteam, zu dem auch Dominic gehörte, längst abgereist, und bald soll auch die Familie ans Festland zurückkehren. Doch in einer Sturmnacht wird eine Frau an die Küste gespült, schwer verletzt, fast erfroren. Die Familie fragt sich unweigerlich: Wie ist sie hierhergekommen und warum?
Wie sich diese fünf Menschen umkreisen und versuchen, herauszufinden, ob man sich gegenseitig trauen kann, verfügt über so eine Sogwirkung wie die Meeresströmungen, die sich die Insel Stück für Stück zurückholen. Ich habe den Roman inhaliert und nur dann inne gehalten, wenn die Autorin den Jüngsten der drei Kinder, Orly, sprechen lässt, der sein unglaubliches Wissen über Pflanzen teilt. Wer Geschichten liebt, die atmosphärisch dicht sind und sich zwischen Drama, Mystery und Klima-Roman bewegen, sollte hier zugreifen – Abkühlung garantiert.
Yoga
Wie es wurde, was es ist. Kulturgeschichte eines globalen Phänomens von Gunda Windmüller
Yoga kann man heute überall praktizieren – in Mumbai, Los Angeles und auf jeder Almhütte. Es gibt Yin-Yoga, Power-Yoga, Aerial-Yoga, neuerdings auch Bier- und Wein-Yoga. Wie ist es so weit gekommen? Und hat das, was wir heute als Yoga bezeichnen, überhaupt noch etwas mit dem gemein, was vor langer Zeit auf dem indischen Subkontinent als Yoga bezeichnet wurde?
Kulturwissenschaftlerin und Yogalehrerin Gunda Windmüller hat sich tief hineingegraben in die Geschichte des Yoga und mir schon nach wenigen Seiten einige Aha-Momente geschenkt. Yoga ist verknüpft mit Religion, Politik und Geld, mit Spiritualität, Kolonialismus, Moderne und Kapitalismus. Gestaunt habe ich vor allem, als ich gelesen habe, dass Yoga nicht mehrere Tausend Jahre alt ist, wie die Bhagavad Gita in den Westen kam und welch dunkle Seiten bekannte Gurus, Strömungen und Zentren haben.
Ich habe nach dem Lesen noch mehr Lust, meine Praxis zu vertiefen, um Yoga allumfassender zu begreifen – auch, weil die Lehre erstmal gar nichts mit körperlicher Bewegung zu tun hat.
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Folge 29: Alles ist politisch, auch die Idylle
Schwarz, hellbraun, sandfarben. Letzte Tröpfchen fallen in die Espressotasse und der Raum duftet. Auf der Kücheninsel türmen sich so viele Lebensmittel, dass der Anblick einem Schlaraffenland gleicht. Ich greife in die offene Kekspackung und gehe nach draußen. Lasse mich auf die Liege fallen, beiße in das Gebäck, schlage mein Buch auf – und schließe die Augen.